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„Wirklichkeit besteht nicht nur aus dem Hier und Jetzt“

Navid Kermani

Foto: Domkapitel Aachen - Andreas Steindl

•        Navid Kermani über die Schönheit des Glaubens und die Verbundenheit der großen Weltreligionen
•        Lesung mit dem renommierten Schriftsteller am Mittwoch, 15. März, 20 Uhr, in Schloss Burgau
•        Ein Höhepunkt von „Alte Botschaft – neues Kleid. Die Bibel mit allen Sinnen neu entdecken“

Unter dem Motto „Alte Botschaft – neues Kleid. Die Bibel mit allen Sinnen neu entdecken“ laden die drei Dürener Gemeinschaften der Gemeinden (GdG) St. Lukas, St. Elisabeth und St. Franziskus bis Ostermontag, 10. April 2023, ein, einen ganz neuen Blick auf die Bibel zu werfen: mal künstlerisch, mal kulinarisch, mal sportlich und immer sinnstiftend. Christentum, Judentum und Islam – die drei großen Weltreligionen haben vieles gemeinsam, ebenso ihre großen Schriften: Bibel, Thora und Koran. Zu Gast in Düren ist deswegen auch Navid Kermani. Der Schriftsteller, Publizist und habilitierte Orientalist liest am Mittwoch, 15. März, um 20 Uhr in Schloss Burgau aus seinem Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott“. Navid Kermani ist mit zahlreichen renommierten Kultur- und Literaturpreisen ausgezeichnet. 2015 hat er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. Im Interview erzählt er, welche Gemeinsamkeiten es zwischen Islam und Christentum gibt. Und wie in der heutigen Zeit über den Glauben gesprochen werden kann.

Die Bibel und der Koran: Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie in beiden Schriften? Kermani: Beide Schriften erzählen in großen Teilen dieselbe Geschichte von der Offenbarung Gottes und der Propheten Israels, deuten sie allerdings im Details oft anders; abgesehen davon, dass im Koran mit Mohammed ein weiterer Propheten auftritt, liegt der Unterschied auch darin, dass seine Hörerschaft die biblischen Geschichten kennt; sie werden also als bekannt vorausgesetzt und eher kommentiert als nacherzählt. Das macht es für die heutige, westliche Leserschaft bisweilen etwas mühsam.
Wie lassen sich Brücken schlagen zwischen Christentum, Judentum und Islam?
Kermani: Gerade weil sich die drei biblischen Religionen von außen so ähnlich sind – man muss sie nur einmal aus der Perspektive der fernöstlichen Traditionen betrachten – mussten stets ihre Unterschiede betont werden, damit sie überhaupt als eigenständig wahrgenommen wurden. Die Unterschiede sind natürlich auch vorhanden und wichtig. Aber wichtig ist auch – und gerade wenn man zusammenlebt – sich stets die Gemeinsamkeiten vor Augen zu führen, insbesondere den gemeinsamen Schöpfergott und die Nächstenliebe beziehungsweise Barmherzigkeit als leitendes ethisches Prinzip.
Brauchen wir den Glauben in der heutigen Zeit überhaupt?
Kermani: Ich weiß nicht, ob „wir“ ihn „brauchen“. Für mich selbst besteht die Wirklichkeit einfach nicht nur aus dem Hier und Jetzt. Das ist subjektiv, eher ein Bewusstsein und auch eine Erfahrung als ein Glaube. Der Glaube setzt dort ein, wo ich diese Erfahrung versuche zu deuten, denn sicher kann ich mir in meiner Wahrheit nie sein. „Und Gott weiß es besser“ heißt es daher am Ende eines jeden klassischen Korankommentars eines jeden einzelnen Verses.
Wie können und sollen wir in der Gegenwart von Gott, Glaube und Religion sprechen?
Kermani: Ibn Hanbal, einer der Begründer der vier sunnitischen Rechtsschulen, fragte einmal Gott im Traum, ob man den Koran „mit Verstehen“ oder „ohne Verstehen“ hören solle. Gott antwortete: „Mit Verstehen oder ohne Verstehen.“ Vielleicht lässt sich das insgesamt auf das Sprechen über Gott und seine Offenbarungen beziehen: mit Verstehen und ohne Verstehen.
Wie gelingt es, wieder die Schönheit des Glaubens zu beschreiben?
Kermani: Ich denke, in dem wir wieder mehr schauen, hören, erspüren – Musik, Natur, Kunst, Dichtung, die Schönheit eines jeden Gesichts –  und den Glauben nicht auf Erklärungen beschränken. Erklärungen sind wichtig, aber sie allein machen den Glauben nicht aus.


Zum Hintergrund: „Alte Botschaft – neues Kleid. Die Bibel mit allen Sinnen neu entdecken“
Was haben Menschen zur Zeit der Bibel eigentlich gegessen? Und, wie wurde überhaupt gekocht? Welche Zutaten wurden benutzt? Ob das letzte Abendmahl, die verbotene Frucht im Paradies oder Jakobs Linsensuppe – immer wieder geht es in der Bibel auch ums Essen. In verschiedenen Kochkursen, angeboten vom Katholischen Forum für Erwachsenen- und Familienbildung Düren-Eifel, werden klassische Rezepte aus dem Heiligen Land aus biblischen Zeiten erprobt, gemeinsam gekocht und natürlich gegessen. Nach Rezepten aus der Bibel gekocht wird auch am 25. März – und zwar öffentlich: ab 8.30 Uhr geht es auf dem Wochenmarkt der Stadt Düren los. Der Erlös aus der Aktion kommt der Dürener Tafel zugute. Das unterstützen auch der Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser und der Dürener Bürgermeister Frank Peter Ullrich gerne. Sie werden auf dem Wochenmarkt mit dabei sein, mit den Menschen ins Gespräch kommen und Essen verteilen.
„Wir freuen uns, wenn viele Menschen sich für die Bibel wieder und neu begeistern lassen und entdecken, was sie uns auch heute noch sagen kann. Seien Sie gespannt und vor allem auch neugierig auf dieses neue Kleid der alten Botschaft, kommen Sie vorbei, machen Sie mit!“, lädt Petra Bungarten ein. Die Gemeindereferentin hat das Bibelprojekt initiiert.
Alle Informationen rund um „Alte Botschaft – neues Kleid“ unter: www.st-lukas.org/bibelprojekt-dueren/

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