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Stadt Düren schafft Baugrundstücke für Familien: Hoffnung, Perspektiven, Herausforderungen

Lageplan Cornetzhof Quelle Ratsinformationssystem der Stadt Düren

Zwischen der Nikolausschule und der Dr.-Overhues-Allee liegt ein Gelände mit Zukunft: Der Cornetzhof soll ab 2026 zu neuem Leben erwachen. Über die Straße „In der Mühlenau“ wird das Areal künftig mit dem Auto erreichbar sein, für Fußgänger entsteht ein direkter Weg zur Rur und zur Dr.-Overhues-Allee. Was bislang ungenutzt blieb, könnte schon bald zum lebendigen Wohnviertel werden.

Bereits 2011 entstand in der Politik – wie Stefan Weschke (CDU) berichtet – der Wunsch, das Gelände für den Wohnungsbau zu erschließen. Nach mehr als einem Jahrzehnt der Planung rückt nun der erste Spatenstich in greifbare Nähe. Zwei Beschlussvorlagen im Ratsinformationssystem – zur Änderung des Bebauungsplans und zur Erschließung des Geländes – sollen noch im Mai vom Stadtrat verabschiedet werden. Dann könnten die Bagger tatsächlich anrollen.

Blick auf das zukünftige Baugebiet von der Südseite

Ein Quartier für viele – zumindest auf dem Papier

Das Gelände umfasst rund 20.000 m². Geplant ist eine gemischte Bebauung: Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser und auch Mehrfamilienhäuser sollen entstehen. Der Bebauungsplan setzt auf umfangreiche Festlegungen, um ein qualitativ hochwertiges Wohngebiet sicherzustellen – ein begrüßenswerter Anspruch.

Wer bekommt Zugang zum neuen Wohnraum?

Noch gibt es keinen konkreten Beschluss zur Vermarktung der Grundstücke. Doch SPD und CDU haben bereits klare Vorstellungen. Laut der städtischen Baulandstrategie sollen 30 Prozent der Wohnungen im geförderten Wohnungsbau entstehen – mit festgelegten Mieten und Zugang für Menschen mit Wohnberechtigungsschein. SPD-Ratsmitglied Peter Koschorreck hofft auf Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen und würde sich wünschen, dass auch der städtische Bauverein hier Verantwortung übernimmt.

Für die Mehrfamilienhaus-Parzellen sind – naturgemäß – Investoren vorgesehen. Doch für die Grundstücke, auf denen Einfamilien- und Reihenhäuser entstehen, möchten SPD und CDU vor allem Familien aus Düren eine Chance geben – idealerweise zu vergünstigten Konditionen. Ein Punktesystem, bei dem kinderreiche Familien bevorzugt werden, ist im Gespräch. Gleichzeitig äußern beide Parteien den Wunsch, auch „finanzkräftige Familien von außerhalb“ nach Düren zu holen. Eine soziale Durchmischung? Oder ein Spagat zwischen Anspruch und Realität?

Ein Blick auf die Zahlen – und auf den Boden der Tatsachen

Die Euphorie über neues Bauland wird von einer wirtschaftlichen Realität gedämpft, die man nicht ignorieren darf: Ein freistehendes Einfamilienhaus kostet heute oft rund 500.000 Euro. Wer dieses über einen Kredit finanziert, muss mit monatlichen Belastungen von mindestens 2.500 Euro rechnen – eine Hürde, die nur Haushalte mit einem Nettoeinkommen von etwa 6.000 Euro oder mehr überspringen können. Für Familien mit mehreren Kindern ist dies in den meisten Fällen kaum realistisch.

So bleibt offen, wie viele Familien in Düren wirklich von den neuen Grundstücken profitieren können – und ob der soziale Anspruch der Politik mit den wirtschaftlichen Bedingungen Schritt halten kann.

Links zum Ratsinformationssystem

Kommentar: Cornetzhof – Ein Baugebiet für wen genau?

Es klingt auf den ersten Blick nach einer guten Nachricht: Die Stadt Düren erschließt ein neues Baugebiet, 20.000 Quadratmeter für neue Wohnungen, Reihenhäuser, Einfamilienhäuser. Ein urbaner Entwicklungsschritt, wie ihn viele Kommunen sich wünschen. Doch wer genau wird hier eigentlich wohnen können?

Die Politik formuliert noble Ziele: ein hochwertiges Wohngebiet, familienfreundlich, durchmischt, sozial ausgewogen. 30 Prozent geförderter Wohnungsbau – ein starkes Bekenntnis zu mehr sozialer Verantwortung. Und doch bleibt ein fahler Beigeschmack: Denn zwischen Absicht und Umsetzung klafft eine Lücke. Finden sich überhaupt Investoren, die den sozialen Wohnungsbau umsetzen wollen?

Ein freistehendes Einfamilienhaus für rund eine halbe Million Euro? Das ist kein Angebot, das sich Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern mal eben leisten können. Und während über Punktesysteme für Familien diskutiert wird, klingt aus der politischen Rhetorik bereits ein ganz anderer Wunsch mit: „finanzkräftige Familien von außerhalb“ sollen angelockt werden. Klingt nach einem ehrgeizigen Stadtmarketing, aber kaum nach einer Lösung für den tatsächlichen Wohnraumbedarf vor Ort.

Die Stadt steht damit exemplarisch für ein Dilemma, das viele Kommunen in Deutschland beschäftigt: Der Wille zum familienfreundlichen Wohnen ist da – aber die Realität der Baukosten, der Bodenpreise und der Zinsen lässt diesen Willen oft ins Leere laufen. Was entsteht, ist kein sozial durchlässiges Wohnquartier, sondern ein weiteres Beispiel dafür, wie Wohneigentum zunehmend zu einem Privileg für wenige wird.

Wenn die Stadt Düren es ernst meint mit der sozialen Mischung und der Förderung von Familien, dann braucht es mehr als schöne Pläne und politische Sonntagsreden. Es braucht gezielte Förderung, transparente Vergabeverfahren.

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