Düren. Der Vortrag „Wiederaufbau in den Kreisen Düren und Jülich“ von Dr. Moritz Wild setzte die Veranstaltungsreihe „Zwischen „Führer“ und Freiheit – Bombenkrieg und „Befreiung“ an der Rur“ nach einer Corona-bedingten Zwangspause fort.
Corona diktierte auch den äußeren Rahmen im Theatersaal im Haus der Stadt, in der eine beschränkte Anzahl interessierter Zuhörerinnen und Zuhörer nach Anmeldung mit Mund-Nase-Schutz Einlass fanden. Dr. Horst Wallraff vom Stadt- und Kreisarchiv Düren gab einen kurzen Rückblick auf die bisherigen Veranstaltungen der beliebten Reihe, die in Kooperation von Stadt- und Kreisarchiv Düren mit dem Museum Zitadelle in Jülich auf den Weg gebracht und organisiert wurde und an die Dr. Moritz Wild mit seinem kenntnisreichen Vortrag nahtlos anschloss.
Ausgehend vom Ausmaß der Zerstörung der beiden Städte im Zweiten Weltkrieg analysierte er den Zustand der beiden Verwaltungen, nahm die damaligen technischen Möglichkeiten kurz in den Blick sowie die rechtlichen Grundlagen für den Wiederaufbau: das Aufbaugesetz NRW von 1950/52 und das Bundesbaugesetz von 1960.
Ein paar beeindruckende Zahlen machten die Situation der beiden Trümmerstädte und der gesamten Region in der Nachkriegszeit deutlicher als viele Worte: Bis Mai 1947 mussten allein im Kreis Düren 120.000 Minen geräumt werden. Bis 1961 wurden in Düren wurden 1.600.000 m³ Trümmer beseitigt, aus denen wiederum 3 Millionen Ziegelsteine und 300 Tonnen Baueisen gewonnen wurden. Im kleineren Jülich wurden 570.000m³ Trümmer beseitigt.
Über Notunterkünfte und Notkirchen kam Dr. Moritz Wild, Architekturhistoriker und Referent des Stadtkonservators Köln, zum Wiederaufbau. Hierbei nutzten sowohl Jülich als auch Düren die Chance, mehr Licht und Luft als vorher in die Stadt zu bringen. Die Stadtgrundrisse wurden dabei größtenteils beibehalten, um die vorhandene Infrastruktur erneut nutzen zu können. Die Jülicher Innenstadt behielt den Renaissancegrundriss. In Düren wurde die mittelalterliche Straßenführung beibehalten, die Straßen aber deutlich verbreitert, um dem für die Zukunft erahnten Verkehrszuwachs gerecht werden zu können.
In seinem Vortrag arbeitete Dr. Moritz Wild deutlich heraus, dass die Wunden der Zerstörung heute noch deutlich in beiden Städten ablesbar sind, aber auch die Zeugen der Vergangenheit immer noch im Stadtbild aufspürbar sind, sei es durch die Wiederverwendung von Baumaterial aus den Trümmern, sei es durch Erhalt von Denkmalen und Stadtmauerresten im Stadtbild. Exemplarisch stellte er ein paar Neubauten der Wiederaufbauphase vor, wie die Rathäuser der beiden Rurstädte, einige der Schulen in Jülich, Düren und im Umland. Im Fazit brach der Referent eine Lanze für die Nachkriegsarchitektur: Sie habe die Städte fit gemacht für die Zukunft, gesündere Wohnverhältnisse geschaffen sowie die Verkehrserschließung zukunftsgerichtet in den Blick genommen.
Abschließend gab Dr. Moritz Wild den Menschen im Publikum eine „Hausaufgabe“ mit auf den Weg: „Die Auseinandersetzung mit der Ortsgeschichte bringt Sie Ihrer Stadt näher!“
Die geplante Abschlussveranstaltung der Veranstaltungsreihe im Jülicher Kulturbahnhof wurde Corona-bedingt auf den 24. Februar 2021 verschoben.