Düren. Daniel Schulte, Leiter des Stadt- und Kreisarchivs Düren, freut sich in diesen Tagen über eine ganz besondere Schenkung aus Bayern. Der dort lebende ehemalige Schulleiter des Gymnasiums Tutzing am Starnberger See, Bruno Habersetzer, überlässt dem Dürener Archiv ein vollständiges Lagerbuch des Dingstuhls (Gerichtsbezirks) Pier und Merken aus dem Jahr 1781.
Der Begriff „Lagerbuch“ wurde im Rheinland bis ins 18. Jahrhundert verwendet. Es ist ein handschriftliches Verzeichnis der Besitzungen und der damit verbundenen Einkünfte in einem Verwaltungsbezirk.
Nicht nur der Erhaltungszustand, vor allen Dingen auch der Inhalt des Buches begeistert den Archivleiter. „Der Verfasser beschreibt bis ins Detail die einzelnen Gemeinden mit ihren Pfarreien, den Mühlen bis hin zum Verlauf des Rurflusses. Daneben informiert er breit und anschaulich über Handel und Nahrungsstand, Jagd – und Viehwesen sowie den Dienstschuldigkeiten der Menschen in den jeweiligen Ortschaften.“, so Daniel Schulte.
Der Dingstuhl Pier und Merken war zum Ende des 18. Jahrhunderts zuständig für die Orte Schophoven, Lucherberg, Luchem, Loch, Stütgerloch, Jungerdorf, Vulvenich und Pommelich.
Das jetzt dem Stadt- und Kreisarchiv vorliegende Exemplar beinhaltet neben den Beschreibungen auch Informationen über den Pierer und Merkener „Zehnthof“ mit einer detaillierten Aufstellung zur Lage der Höfe und der jeweiligen Größe der Besitztümer bzw. Ländereien. Der mittelalterliche Begriff „Zehnt“ beschreibt die Angaben der zu zahlenden Steuern. Das abschließende Kapitel des Lagerbuches führt die Pier und Merkener Erbpacht mit einem namentlichen Register auf.
Aber auch die Geschichte, wie Schulleiter a.D., Bruno Habersetzer, in den Besitz des Lagerbuches kam, ist höchst interessant: Er erhielt dieses Lagerbuch in den 1960er Jahren als Kind von einer entfernten Verwandten mit dem Namen Irmgard Grünewald. Bruno Habersetzer war von dem Lederband und der alten Handschrift so fasziniert, dass sie ihm das Lagerbuch schenkte. Irmgard Grünewald erklärte ihm, dass dieses Buch aus Ihrer Heimat Düren stamme und es als einer von wenigen Gegenständen die Bombardierung ihrer Münchener Wohnung überlebt habe. „Von meiner Mutter habe ich dann erfahren, dass Frau Grünewald aus einer Familie von Papierfabrikanten sei und mit Oskar Grünewald verheiratet war, der 1873 in Metz geboren wurde. Sein Vater war der aufsichtsführende Richter am dortigen deutschen Amtsgericht. Sohn Oskar war bis 1938 Senatspräsident beim Reichsfinanzhof in München. Seine Frau Irmgard lebte bis in die 1960er Jahre in der bayerischen Landeshauptstadt.“, erzählte Bruno Habersetzer. Im dortigen Hause war er gelegentlich mit der Mutter zu Besuch, wo ihn eben dieses alte Lagerbuch so faszinierte.
Leider, so Habersetzer, lässt sich nicht feststellen, warum dieses Lagerbuch im Besitz der Familie Grünewald war.
„Das Lagerbuch ist schon ein besonderer Schatz und wir freuen uns immer wieder über Schenkungen dieser Art“, betont Daniel Schulte, Leiter des Stadt- und Kreisarchivs Düren. Er bittet eindringlich darum, gerade auch alte Schriftstücke und ähnliches aus Nachlässen dem Stadtarchiv anzuzeigen, statt ins Altpapier zu werfen. „Es gibt viele Dinge, die sich lohnen, dass sie der Nachwelt erhalten bleiben. Das Stadt- und Kreisarchiv ist als behördliche Einrichtung von Stadt- und Kreis Düren immer die erste Anlaufstelle und prüft gerne auch private Unterlagen, die für die Kreis- und Stadtgeschichte von Bedeutung sein könnten.