„Der Strukturwandel steht auf der Tagesordnung, und wir haben schon vor einiger Zeit verabredet, dass das ein gemeinsames Anliegen des ganzen Landes ist, dass also die Regionen und Reviere, die mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung herausgefordert sind, nicht alleingelassen werden [..]. Alles das haben wir uns vorgenommen, und auch das braucht neue Beschleunigung und neues Tempo.“
Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz neulich in einem Pressestatement nach einem Gespräch mit den Bürgermeistern der Anrainer-Kommunen des Braunkohletagebaus im Dürener Rathaus. Er verglich die Region während der Sitzung auch mit einer großen Steckdose für die Stromversorgung.
Diskussion um Ausbau der West-Ost-Verbindung
Zu einem zentralen Ort bei der Stromversorgung für die Region entwickelt sich Oberzier. Der Ort in der Gemeinde Niederzier ist seit 2020 Standort eines Umspannwerks. Hier kommt Strom aus Belgien über die Alegro-Leitung.
Diese Höchstspannungsleitung steht nun im Mittelpunkt einer Diskussion, mit der sich am nächsten Dienstag (12. September) der Dürener Ausschuss für Stadtentwicklung beschäftigt. Um die Übertragungsfähigkeit der West-Ost-Richtung zu verstärken, soll die von der Amprion GmbH betriebene Leitung mit 380 kV zwischen Oberzier und Blatzheim von einer zwei- auf eine viersystemige Verbindung erweitert werden. Zum Verlauf der Stromtrasse läuft noch bis zum 15. September ein Planfeststellungverfahren der Bezirkungsregierung Köln. Darin können sich die betroffenen Kommunen Niederzier, Düren, Merzenich und Kerpen zu den Plänen äußern.
Genau solche eine Stellungnahme hat die Stadt Düren jetzt vorbeibereitet. In dem Schreiben an die Bezirksregierung betont sie ihr grundsätzliches Verständnis für den Ausbau der Stromleitungen. Sie sieht den Trassenverlauf jedoch aus mehreren Gründen „kritisch und fordert eine entsprechende Berücksichtigung in den weiteren Planungen“. Der Verlauf 50 Meter nördlich oder östlich der bestehenden Trasse würde vor allem den Dürener Ortsteil Arnoldsweiler einschränken. Außerdem verläuft der Neubau durch landwirtschaftlich genutztes Gelände und tangiert außerdem die interkommunale Gewerbeentwicklung mit Niederzier, Kreuzau und Merzenich. Außerdem wird kritisiert, dass eine naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme in Dormagen statt im Kreis Düren geplant ist. Einige der Masten würden außerdem Flächen mit Altlasten betreffen mit Schutt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg betreffen. Die Stellungnahme ist nach Angaben der Stadt mit den Nachbarkommunen abgestimmt und wird auch dem Kreis Düren zur Verfügung gestellt.
Windader West soll Strom von der Nordsee bringen
Parallel zu der Erweiterung der West-Ost-Stromtrasse arbeitet der Betreiber Amprion auch an einem noch größeren Projekt. Dieses Projekt wird als Windader West geplant. Dahinter verbergen sich vier riesige Stromleitungen, die ab 2036 die Energie im Umfang von 8 Gigawatt aus den Offshore-Windparks in der Nordsee nach NRW bringen sollen. Durch die Leitungen soll Strom fließen, der der Kapazität von 50 großen Kohlekraftwerken entspricht.
Drei der Leitungen enden in Kusenhorst (Haltern am See), in Wesel am Niederrhein und in Rommerskirchen. Die dritte Leitung soll in Oberzier angebunden werden. Dafür ist neben dem bestehenden Umspannwerk der Bau einer neuer großen Halle geplant, um die Kapazitäten bewältigen zu können.
In Oberzier würde damit die Transformation der Energieversorgung besonders deutlich. Denn Oberzier wurde einst zum Standort des Umspannwerks, um den Strom aus dem Braunkohle-Tagebau zu verteilen. Nun könnte zukünftig immer mehr klimafreundlicher Strom aus erneuerbaren Energien durch die Gemeinde Niederzier fließen.