Zum Fahrplanwechsel am 13. Juni 2021 wurde die Haltestelle der Rurtalbus-Linie 213 in Gürzenich, bisher Markt, in „Kamps Eck / Gürzenich-Markt“ umbenannt.
Im Jahr 2021 leben Jüdinnen und Juden nachweislich seit 1700 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands: Ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin von 321 erwähnt die Kölner jüdische Gemeinde.
Ludger Bentlage, DGB-Vorsitzender Kreisverband Düren-Jülich: „In einer Zeit, in der der Antisemitismus wieder verstärkt durch Anschläge auf Menschen jüdischen Glaubens und jüdischen Einrichtungen zutage tritt, ist dies ein Zeichen, dass die Rurtalbus GmbH und der DGB-Kreisverband Düren-Jülich dem entschieden entgegentreten.“
Uli Titz vom DGB-Kreisverband Düren-Jülich und Vorsitzender der IGBEC- Ortsgruppe Düren: „Warum machen wir die Benennung am heutigen Tag?
Heute ist der 83. Jahrestag des Beginns einer Verhaftungswelle gegen Juden vom 13. bis 18. Juni 1938. Ursprünglich zielte sie allein auf sogenannte Asoziale, also „Bettler, Landstreicher, Zigeuner und wandernde Handwerker“ ab. Am 1. Juni 1938 wurde die Zielgruppe auf persönliche Anordnung Hitlers auch auf Juden erweitert. Nunmehr waren auch Juden zu verhaften, die als vorbestraft galten und zu mindestens einem Monat Haft verurteilt worden waren“.
Hier in Düren-Gürzenich wohnte Abraham Kamp. Er war Vorbeter der Gürzenicher Synagogengemeinde und führte an „Kamps Eck“ in Gürzenich, Ecke Steinmaar, Schillingstraße 127, einen Viehhandel sowie einen Haushaltswarenladen. Durch die Faschisten sahen sie sich gezwungen, nach der Progromnacht im Jahr 1938 zu emigrieren. Er, seine Ehefrau Rosalie und die Tochter Herta emigrierten in die Niederlande, von wo sie 1943 in das Vernichtungslager Sobibor in Polen deportiert wurden. Dort wurden Abraham Kamp und seine Ehefrau Rosalie im Juli 1943 ermordet; Tochter Herta wurde in Auschwitz ermordet.
Als einziger überlebte Sohn Erich den Holocaust. Er verließ fluchtartig 1938 seine Heimat Gürzenich, nur mit einem Rucksack und drei Erinnerungsbildern bepackt, und ging über die Grenze in die Niederlande. Von dort fuhr er mit einem Schiff nach Palästina, wo er sich in der Nähe von Tel Aviv niederließ. Erst 1958 kam Erich Kamp zu einem Besuch zurück in die frühere Heimat. Viele Verwandte seines Vaters Abraham Kamp sind in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten umgekommen.
Für Abraham Kamps Enkel Michael Kamp sowie die Familie ist es nach eigenem Bekunden wichtig, das Gedächtnis an das Schicksal ihrer Großeltern und Eltern wachzuhalten. Anlässlich der Verlegung von Stolpersteinen im Jahre 2019 reisten dessen zwei Söhne, die Nachkommen von Erich Joseph, der als einziger durch Flucht nach Palästina überlebte, mit ihren Familien aus Israel nach Düren an.
„Für uns gilt aus der Vergangenheit zu lernen und dann auch zu handeln. Eine Möglichkeit dazu ist, dort wo es jüdisches Leben gab, dies so gut es noch geht sichtbar zu machen. Deshalb findet heute die Neubenennung der Haltestelle der Rurtalbus GmbH auf Anregung des DGB-Kreisverbands Düren-Jülich statt“, so Ludger Bentlage.
Quelle: DGB Kreisverband Düren-Jülich