Düren. Der beschleunigte Ausstieg aus der Braunkohleverstromung löst für das gesamte Rheinische Revier einen tiefgreifenden Strukturwandel aus. Insbesondere gilt dies für die 19 direkten Tagebauanrainerkommunen und Kraftwerksstandorte. In diesem relativ kleinen Raum, der lediglich ein Drittel des gesamten Reviers ausmacht, konzentrieren sich die zukünftigen Lasten des politisch beschlossenen Ausstiegs in besonderer Weise.
Aus diesem Grund haben sich am Freitag im Dürener Rathaus auf Einladung der Bürgermeister Hermann Heuser (Niederzier), Rudi Bertram (Eschweiler), Klaus Krützen (Grevenbroich) und Paul Larue (Düren) die Hauptverwaltungsbeamten der 19 Anrainerkommunen zur Bürgermeisterkonferenz getroffen und ausgetauscht. Eingeladen und vertreten waren neben den Gastgebern die Gemeinden und Städte Aldenhoven, Bergheim, Bedburg, Elsdorf, Erkelenz, Frechen, Inden, Jüchen, Jülich, Kerpen, Langerwehe, Merzenich, Mönchengladbach, Rommerskirchen und Titz.
„Revier ist nicht gleich Revier“, bemerkt zu Beginn einer der vier einladenden Bürgermeister, Paul Larue. „Hier, in der direkten Nachbarschaft von Tagebauen und Kraftwerken leben drei Viertel der rund 10.000 RWE-Beschäftigten mit ihrem Familien, hier fehlen ohne den Industriezweig der Kohleverstromung 500 Mio. € pro Jahr an Kaufkraft und 200 Mio. € an Auftragsvolumen. Bei uns wird die Belastung größer sein, als im Rest der Region.“
Rudi Bertram, Bürgermeister des Kraftwerkstandortes Eschweiler, folgert: „Da wo die Lasten am größten sind, muss auch die Anstrengung am größten sein, neue Arbeitsplätze zu schaffen, Ersatzwertschöpfung zu bekommen und die ansässige Industrie zu stärken“.
„Leider“, so stellte Elsdorfs Bürgermeister, Andreas Heller, stellvertretend für alle Bürgermeister fest, „steht das Zentrum des Strukturwandels aber nicht im Fokus der Akteure auf regionaler, Landes- und Bundesebene.“ Weder gibt es eine direkte Beteiligung an den Strukturen der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, noch spiegelt sich die besondere Situation der Anrainer in einer dringend notwendigen Planungsbeschleunigung oder einem Sonderbedarf an Gewerbeflächen wieder. Und bei den ersten Projekten, die vom Bund im Rahmen eines Starterprogramms gefördert werden, steht zu befürchten, dass unter den vom Land NRW ausgewählten Projekten keines aus den Anrainerkommunen dabei ist.
Das muss sich ändern, so die Sicht aller Bürgermeister. Jürgen Franzen, Bürgermeister der Gemeinde Titz, fasst diesen Wunsch zusammen: „Aus Hauptbetroffenen müssen nun Hauptbeteiligte gemacht werden!“
Sascha Solbach, Bürgermeister von Bedburg ergänzt: „Mittlerweile scheint es so zu sein, als sei die halbe Welt vom Strukturwandel im Rheinischen Revier betroffen – das geht so einfach nicht. Daher haben wir heute die Herzkammer klar definiert, das sind die direkten Anrainer und Kraftwerksstandorte.“
Vor dem nächsten Termin der Bürgermeisterkonferenz werden die Anrainer ihre konkreten Positionen in einem gemeinsamen Papier festlegen. Diese Positionen werden nach dem Niederzierer Bürgermeister Hermann Heuser „aber nicht nur aus Forderungen bestehen, wir wollen auch Angebote an Region, Land und Bund machen. Denn in den Anrainerkommunen entstehen nicht nur die Herausforderungen des Strukturwandels, hier gibt es auch die Kompetenz, die Ideen, die Netzwerke, die Flächen und Menschen, mit denen der Strukturwandel gelingen kann.“