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Schmidt-Rottluff-Ölgemälde an Erben zurückgegeben und zurückgekauft


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Düren. Das Gemälde „Ostsee (Schiffe am Strand)“ (Öl auf Leinwand, 103 x 125 cm) von Karl Schmidt-Rottluff wurde jetzt vom Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum der Stadt Düren an die Erben von Hugo und Toni Benario, geb. Vogelsdorff, zurückgegeben. Nach umfangreichen historischen Forschungen und mehrjährigen Recherchen einigte man sich auf die Rückgabe des Ölgemäldes.
Da das Gemälde „Ostsee“ von Karl Schmidt-Rottluff ein Herzstück der Sammlung zum Deutschen Expressionismus des Leopold-Hoesch-Museum ist, konnte mit den Erben nach erfolgter Restitution ein Rückkauf vereinbart werden. Gemäß den Prinzipien der Washingtoner Erklärung von 1998 und der gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingten entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, vom 14.09.1999 hat man sich auf eine faire und gerechte Lösung geeinigt.

Um das Gemälde für die Sammlung des Museums zu erhalten, konnten nationale und regionale Körperschaften und Stiftungen wie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst von Siemens Kunststiftung sowie das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gewonnen werden, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Die Stadt Düren wird einen Eigenanteil zu der Finanzierung beitragen. Dies ist Voraussetzung für die Unterstützung der beteiligten öffentlichen Träger und Stiftungen.

Die für die Entscheidung zur Rückgabe erforderlichen Recherchen wurden im Rahmen eines vom Museumsverein Düren in Auftrag gegebenen Provenienzforschungs-Projektes von  Dr. Kai Artinger durchgeführt. Die intensive mehrjährige Förderung der Provenienzforschung wurde ermöglicht durch die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg.

Die Untersuchung von Dr. Kai Artinger hat ergeben, dass Hugo Benario (1875 – 1937)  ein international tätiger Kaufmann in Berlin, der mit Seidenstoffen handelte und als einer der großen privaten Kunstsammler Berlins galt, das Ölgemälde „Ostsee“ von Karl Schmidt-Rottluff in seiner umfangreichen Sammlung hatte. Diese Sammlung erstreckte sich von Werken aus der Zeit der griechischen Antike bis hin zur Gegenwart. 1905 heiratete er Toni Vogelsdorff (1886 – 1962). Das Paar hatte zwei Kinder: Rolf (1906 – 1985) und Ruth (1910 – 1995). 

Anfang der 30er Jahre verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Familie Benario in Folge von Repressalien durch das nationalsozialistische Regime deutlich, so dass 1933 u. a. das Bild „Ostsee (Schiffe am Strand)“ dem Kunsthaus Zürich zum Verkauf angeboten wurde, wobei dieses Werk allerdings nicht veräußert werden konnte. 

Zu den Verfolgungsmaßnahmen gegen den Kaufmann Benario gehörte auch ein Prozess wegen Devisenvergehens im Jahr 1936. Hugo Benario wurde zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Das Gerichtsverfahren ruinierte seine bereits schlechte gesundheitliche Verfassung infolge eines Herzleidens vollständig, so dass er im Jahr 1937 starb. Der Witwe gelang es gerade noch, im Juni 1939 Deutschland zu verlassen und nach Großbritannien zu emigrieren. An Kunstwerken konnte sie nur wenige einzelne kleinere Werke mitnehmen. Das Bild „Ostsee (Schiffe am Strand)“ gehörte nicht dazu. Es muss in der Zeit zwischen Februar 1933 und spätestens Anfang 1939 den Eigentümer gewechselt haben. Sehr wahrscheinlich wurde es entweder von Hugo Benario noch bis 1936 verkauft oder von Toni Benario in der Zeit von 1937 bis 1939. Die politischen Verhältnisse in diesem Zeitraum waren dergestalt, dass die Benarios jegliches Verkaufsgeschäft nur unter politischem Druck durchführen konnten. 

Der nachfolgende Eigentümer des Werkes war der Fabrikant und Kunstsammler Dr. Paul Max Wiegmann aus Kremmen bei Berlin. Er sammelte moderne deutsche Kunst und erwarb diese aus verschiedenen problematischen Quellen. Er kaufte bei NS-belasteten Kunsthändlern, aus „Verwertungsbeständen“ der „entarteten Kunst“ und aufgelösten Sammlungen. Wiegmann besaß Kunstwerke, die er u. a. bei Ferdinand Möller gekauft hatte, einem der vier Kunsthändler Hitlers, die für die Verwertung der beschlagnahmten Werke moderner Kunst zuständig waren. 

Die Stadt Düren hat das Werk 1952 durch Vermittlung des Kunsthändlers Wilhelm Grosshenning von Annie Marnitz, der Verlobten und Haupterbin von Dr. Paul Wiegmann, erworben.

Aufgrund der Ergebnisse der Nachforschungen war die Stadt Düren bereit, das Werk an die Erben von Hugo und Toni Benario zurückzugeben. Dass es gelungen ist, durch die Unterstützung vieler, dieses für den Bestand des Leopold-Hoesch-Museums zurückzukaufen, ist eine große Freude für Stadt und Museum, die den Erben und allen, die dazu beigetragen haben, eine faire und gerechte Lösung zu finden, sehr dankbar sind.