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Bilder laut gedacht

Doxs Junge Filmbeschreiber


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Dürener Schülerinnen und Schüler erarbeiten mit doxs! eine AudiodeskriptionProjektpräsentation am 28. Juni 2019 in der LVR-Louis-Braille-Schule in Düren

Beim Schauen eines Films bringt jeder seine eigenen Bilder mit ein: Persönliche Vorstellungen mit den Bildern auf einer Leinwand zu verschmelzen, das macht oft die faszinierende Erfahrung aus, die Filme ermöglichen. Doch wie kann dieses packende Erlebnis auch Menschen mit Sehbeeinträchtigungen nähergebracht werden? Wie finden sie Zugang zu einem Film, wenn dieserseine Bilder sprechen lässt? Auf diese Fragen gibt das doxs!-Projekt „Junge Filmbeschreiber“ eine Antwort. Seit 2012 entwickeln hier Schülerinnen und Schüler Audiodeskriptionen für Kurz- und Dokumentarfilme: Jugendliche mit und ohne Sehbehinderung erarbeiten gemeinsam Hörfilmfassungen, die blinden Menschen die wichtigsten Bildinformationen durch einen über den Film gesprochenen Begleittext vermitteln.

Im April 2019 fand das inklusive Filmbildungsprojekt erstmals an der LVR-Louis-Braille-Schule in Düren statt. Dort wirkte eine Gruppe von 14 Jugendlichen an dem Vorhaben mit, den Film „Loser – Über Verlieren und Verlust“ (NL 2014, 16 Min., R: Arianne Hinz) durch eine beschreibende Tonspur zu erschließen. Nachdem das doxs!-Projekt seit 2012 vier Mal erfolgreich an der LVR-Johanniterschule in Duisburg durchgeführt wurde, wird es seit 2018 NRW-weit verwirklicht. Im vergangenen Jahr war doxs! an der Opticus Schule, eine LWL-Förderschule mit Förderschwerpunkt Sehen, in Bielefeld zu Gast. Jetzt hatten erstmals Schülerinnen und Schüler zwischen Rhein und Maas die Gelegenheit, einen Film auf diese Weise zu entdecken und zu erleben.

In Düren wurden Schülerinnen und Schüler aus zwei Klassenverbänden unter der Anleitung des Medienpädagogen Christian Kosfeld zu „Jungen Filmbeschreibern“. Die beiden Klassen werden von Schülerinnen im Alter von 14 bis 18 Jahren mit zum Teil erheblichen Sehschädigungen besucht – drei von ihnen sind blind. Zusammen widmeten sie sich der Herausforderung, die Bilder von „Loser – Über Verlieren und Verlust“ in die Vorstellungswelt auch der sehbehinderten Schülerinnen und Schüler zu übertragen. In dem Film geht es darum, nach dem Gefühl des Verlusts wieder Zutrauen und Kraft zu finden: Drei Kinder, die etwas ganz Verschiedenes, aber sehr Wichtiges verloren haben – das Lieblingskuscheltier, einen wichtigen Wettkampf, die große Schwester – besuchen ein Fundbüro. Dort suchen sie einen Gegenstand, der ihre Trauer verkörpern kann und berichten von ihren berührenden Erfahrungen. „Loser“ war bereits in einem Projekt in Duisburg audiodeskribiert worden. Dadurch konnte bei diesem Mal deutlich werden, wie unterschiedlich der Kurzfilm von Schülerinnen und Schülern aufgenommen wird – welche eigenen Bilder die verschiedenen Gruppen in den Prozess einbrachten.

Der doxs!-Projektleiter Christian Kosfeld sagt: „Für mich war es interessant, im Vergleich mit dem Duisburger Projekt zu erleben, wie die Schülerinnen und Schüler den Film auf ihre eigene Art und Weise sahen und hörten, welche Diskussionen sie führten und zu welchen, teilweise ganz anderen, Ergebnissen sie kamen. Es zeigte sich wieder einmal, dass jede Audiodeskription eine eigenständige Sichtweise und Interpretation eines Filmes repräsentiert. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“, „wichtig“ oder „unwichtig“. Jede Audiodeskription ist eine eigenständige Leistung der Schülerinnen und Schüler, in der sie eigene Akzente setzen und ihre im Team erarbeitete Sichtweise des Films vermitteln.“

Projektverlauf

Zu Beginn der Arbeit stand die Verständigung zwischen Christian Kosfeld und der Teilnehmerinnengruppe darüber, was eine Audiodeskription genau ist und was sie leisten kann. Welche Informationen sind wichtig, welche fehlen Menschen mit Sehbehinderung, um „Loser“ verstehen und erfahren zu können? In der Teamarbeit konnten vor allem die drei blinden Jugendlichen ihren Mitschülerinnen und Mitschülern Rückmeldungen geben, welche Informationen sie zum Folgen des Films benötigten und welche überflüssig waren.

In drei Gruppen, die jeweils fünf Minuten des Films bearbeiteten, wurde im Anschluss schnell klar, dass Filmbeschreiben immer Interpretation ist: Die Schülerinnen und Schüler tauschten sich entsprechend über ihre verschiedenen Blicke und Deutungen aus und verdichteten diese für die Audiodeskription zu möglichst objektiven Beobachtungen. Denn so sehr einerseits der Zugang zu den Bildern erleichtert werden sollte, war es andererseits wichtig, nichts vorwegzunehmen und auch in der Hörfilmfassung ein allmähliches Erschließen des Films zu ermöglichen. So entstand während der ersten drei Projekttage ein gemeinsames Manuskript, das stetig verfeinert und verbessert wurde. Immer wieder wurde dabei die Beschreibung mit der originären Tonspur des Films abgeglichen, um zu überprüfen, ob die Texte in dessen Sprechpausen passen und nicht zu sehr von dessen Originalsound ablenken würden. Hier waren große Sorgfalt und Präzision gefragt, um die Lebendigkeit der Bilder in genauen Worten zu erfassen.

„Es war spannend zu erleben, wie die Schülerinnen und Schüler sich mit viel Energie und Begeisterung an die detaillierte, sekundengenaue Arbeit am Film machten. Schnell bildete sich eine produktive Teamarbeit heraus, bei der sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig unterstützten, sehr selbständig zusammenarbeiteten, Ideen austauschten. Vor allem die freundschaftliche, rücksichtsvolle Atmosphäre untereinander war beeindruckend.“ (Christian Kosfeld)

Nachdem das Manuskript fertig war, brachten die Schülerinnen und Schüler die Bilder des Films selbst zum Sprechen: Die letzten beiden Tage des Projekts waren dem Einsprechen der Texte gewidmet. Der Musikraum im Untergeschoss der Schule wurde zur Aufnahmestation, in der erst ausprobiert und geprobt und dann professionell und konzentriert eingesprochen wurde. Auch diese Erfahrung war für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts neu und spannend sowie mit viel Aufmerksamkeit fürs Detail verbunden. Die fertige Tonspur wurde abschließend in einem professionellen Tonstudio zur Mischung zugespielt.

Projektvorstellung

Das Ergebnis ihrer vielseitigen und engagierten Arbeit stellen die Schülerinnen und Schüler der LVR-Louis- Braille-Schule am 28. Juni 2019 um 11.00 Uhr in der Aula der Schule, Meckerstraße 1-3 in Düren, vor. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts sind vor Ort und freuen sich, Ihnen ihre Audiodeskription von „Loser – Über Verlieren und Verlust“ zu zeigen und Ihre Fragen zu beantworten. Der Medienpädagoge Christian Kosfeld (doxs!-Projektleitung) sowie die Projektpartnerinnen Simone Henzler (Deutsches Blindenhilfswerk) und Barbara Kamp (Methode Film) werden ebenfalls zugegen sein, um über ihre Arbeit Auskunft zu geben.

„Junge Filmbeschreiber“ ist ein Projekt von doxs! in Kooperation mit dem Deutschen Blindenhilfswerk e.V. und Methode Film. Der Workshop in Düren wurde von der Kämpgen-Stiftung unterstützt, die BVO-Stiftung Offenbach a. M. fördert die Projektdokumentation.