Wie sieht die Landschaft rund um den Tagebau Hambach zukünftig aus? Wie lebt und wohnt es sich hier nach 2029, wenn das Ende der Braunkohlenförderung erreicht ist? Der Rahmenplan Hambach gibt Antworten und zeigt, wie der größte Tagebau im Rheinischen Revier den Weg ins Morgen findet. Am Donnerstag, den 22. Februar 2024, wurde der Rahmenplan vor rund 250 Gästen aus Politik, Verwaltung und der Bürgerschaft in Niederzier vorgestellt.
In unmittelbarer Nachbarschaft zu Großstädten wie Köln und Aachen entsteht rund um den Tagebau Hambach tatsächlich Neuland. Auf rund 8.500 Hektar sollen im ursprünglich genehmigten Abbaugebiet oft noch konträr wahrgenommene Themen wie Städtebau, Biotopverbund, Tourismus, Mobilität, Landwirtschaft und die Produktion erneuerbarer Energien ein produktives Ganzes bilden. Inmitten der neuen Landschaft liegt der Hambach See, der einmal einer der größten Seen Deutschlands sein wird.
Wo Neuland ist, ist die Zukunft nicht weit
Als interkommunale Raumstrategie zeigt der Rahmenplan Hambach, wie sich die Tagebaulandschaft in eine neue, vielgestaltige Seelandschaft wandeln soll. Neben freiraumplanerischen und städtebaulichen Themen, formuliert er Leitbilder und beschreibt nächste Schritte für die Inwertsetzung sowie erste Nutzungen während der Zeit der Seebefüllung. Dazu Neuland-Hambach-Geschäftsführer Boris Linden: „Mit dem Rahmenplan wird aus vielen Teilplänen ein großes Ganzes. Die sechs Anrainerkommunen, deren Gemeindegebiet teils bis zu einem Drittel in der Folgelandschaft liegt, legen mit der Rahmenplanung eine gemeinsame Raumstrategie vor, die weit über die bergrechtlichen Verpflichtungen zur Wiedernutzbarmachung hinausgeht. Unsere Vision für das Neuland Hambach ist ein vitaler Landschaftsraum, der soziale, wirtschaftliche und ökologische Ansprüche zusammenbringt. So soll ein für Nordrhein-Westfalen einzigartiger Raum entstehen, der sich zunehmend selbst trägt.“
Für das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie stellte Dr. Alexandra Renz, Leiterin Landesplanung, die besondere Chance in der Entwicklung der Region heraus: „Mit der Leitentscheidung hat das Land einen Rahmen aufgespannt. Die Region nutzt diesen und gestaltet Zukunft! Die Transformation in den Tagebaufolgelandschaften eröffnet die Chance, Neues zu denken. Die Kommunen sind einer der zentralen Player in dieser Diskussion. Landes- und Regionalplanung freuen sich, dass sich die Kommunen in der Neuland Hambach GmbH gemeinsam auf den Weg machen und mit dem Rahmenplan einen fundierten Beitrag zur guten Raumentwicklung vorlegen“.
Michael Eyll-Vetter, Leiter der Sparte Entwicklung Braunkohle bei RWE Power, sagte hierzu: „Mit dem Rahmenplan Hambach ist es gelungen, bereits begleitend zum laufenden Braunkohlenplanverfahren das raumplanerisch Wünschenswerte mit dem technisch Machbaren in Einklang zu bringen. Entscheidend dafür war, dass sich alle Beteiligten in diesem komplexen Planungsprozess intensiv und konstruktiv ausgetauscht haben, damit für die Menschen in der Region neue, lebenswerte Folgelandschaften entstehen können. RWE Power wird mit dem nun folgenden Abschlussbetriebsplanverfahren, in dem die Rekultivierung weiter konkretisiert wird, die Voraussetzungen schaffen, auf deren Grundlage der Rahmenplan weiter umgesetzt werden kann.“
Landschaft, Städtebau, Mobilität – eine Region erfindet sich neu
Für die Inwertsetzung der Tagebaufolgelandschaft folgt der Rahmenplan dem Konzept eines Landschaftsmosaiks. „Bei der Entwicklung unbebauter Freiräume in direkter Nähe des späteren Sees denken wir die Vernetzung von Biotopen und Möglichkeiten für naturnahe Erholungsbereiche zusammen. In besonderen Bereichen vor den Ortschaften sollen auch intensivere Freizeitnutzungen möglich sein“, erklärt Matti Wirth, Projektleiter für den Rahmenplan Hambach. Im Tagebau selbst sollen während der Zeit der Seeentstehung möglichst frühzeitig öffentliche Zugangsbereiche entstehen, die ab etwa 2040 durch Pontons oder Stege auch zum Wasser führen können. Auch die bereits heute realisierten Photovoltaikanlagen im Tagebau sollen zukünftig weiter ausgebaut werden.
Die städtebaulichen Entwicklungen beginnen in den Ortskernen, die als attraktive Wohn- und Arbeitsstandorte aufgewertet und mit dem umgebenden Raum verbunden werden sollen. Schrittweise sollen sich ausgewählte Orte im Neuland Hambach in Richtung See entwickeln. Frühzeitiger können dies Feriensiedlungen sein, die außerhalb der Bergbauzone aber dennoch in Sichtweite zum künftigen See liegen. Längerfristig, sobald sich der Wasserspiegel seiner finalen Höhe nähert, sind auch See- und Hafenquartiere geplant.
Um vormals gekappte Verbindungen wiederherzustellen, sollen neue Mobilitätssysteme rund um die Sophienhöhe und den Tagebausee, die die durch den Bergbau realisierten Ersatzstraßen ergänzen. Der Schwerpunkt soll vom motorisierten Individualverkehr auf umweltfreundliche Mobilitätsformen verlagert werden. Der Hambach Loop soll als Rad- und Wanderweg zusammen mit Reitwegen rings um den See und die Sophienhöhe führen. Ebenfalls sollen erweiterte Bahnverbindungen sowie eventuell eine Seilbahn den Raum neu erschließen und konsequent durch Mobilstationen verknüpft werden.
Planerischer Hintergrund
Der jetzt erarbeitete Rahmenplan ist die notwendige Weiterentwicklung der 2021 vorgelegten Raumentwicklungsperspektive, die bereits erste Eckpunkte für eine hochwertige Wiedernutzbarmachung des Tagebauumfelds enthielt. Der Rahmenplan erreicht jedoch eine zusätzliche Detailtiefe, um in die bergbauliche Betriebsplanung und kommunale Bauleitplanung übernommen werden zu können. Viele der beschriebenen Planungen wurden im Vorentwurf zum neuen Braunkohlenplan Hambach berücksichtigt. „Der im Dezember vorgelegte zeichnerische Entwurf zum Braunkohlenplan greift zentrale Themen unserer Rahmenplanung auf. Beispielsweise sind darin bereits potenzielle Flächen für Photovoltaikanlagen im Tagebau sowie Seezugänge für eine möglichst frühe Freizeitnutzung festgelegt. Damit ist der Boden für unsere Planungen bereitet“, so Boris Linden. Der Rahmenplan wird nun in konkrete Projekte übersetzt, vertieft und bei Anpassungsbedarf fortgeschrieben, um in den nächsten Jahren ein Orientierungsrahmen für die zukünftigen Planungen der Folgelandschaft zu sein.