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Hürtgenwalder Ratsfraktionen beantragen Abwahl von Bürgermeister Claßen

Symbolbild: Rathaus Hürtgenwald (Foto: Frank Reiermann)


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Die angespannte Lage im Rat der Gemeinde Hürtgenwald spitzt sich weiter zu. Da die Ratsmitglieder mit der Amtsführung des Bürgermeisters Andreas Claßen sehr unzufrieden sind, haben sie seine Abwahl beantragt. Eine Entscheidung in diesem Gremium ist für Mitte Februar geplant. Wenn der Antrag die Zustimmung der Politiker erhält, müssten anschließend die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde über Claßen abstimmen.

Die Hintergründe: Was ist passiert?

Die Ratsfraktionen der Freien für Hürtgenwald, SPD, Grünen und FDP haben eine Stellungnahme zu den Vorgängen veröffentlicht. Dazu schreibt die CDU, dass sie in die internen Gespräche eingebunden gewesen sei, sich aber nicht als „treibende Kraft“ des Verfahrens sieht. In der Stellungnahme erheben die Parteien schwerwiegende Vorwürfe gegen Claßen, der bei der letzten Kommunalwahl 2020 ihr gemeinsamer Bürgermeister-Kandidat war.

Die Ratsmitglieder vermissen demnach „ein funktionsfähiges Arbeitsverhältnis zum Bürgermeister [und] ein vertrauensvolles Miteinander in der politischen Arbeit“. Durch „schwerwiegende fachliche und persönliche Versäumnisse in der Amtsführung“ habe Claßen wichtige Projekte nicht bearbeitet oder „gar torpediert“. Ratsbeschlüsse seien von ihm missachtet worden und nur das Eingreifen des Rates habe größeren wirtschaftlichen Schaden verhindert. Auch im persönlichen Umgang mit Ratsmitgliedern und der Bevölkerung soll Claßen laut der Stellungnahme erhebliche Mängel aufweisen. Er habe lieber unter vier Augen gesprochen, statt sich an Gesprächen zwischen den Fraktionen zu beteiligen. Außerdem habe er sich unzureichend auf Ratssitzungen vorbereitet und Anfragen der Bürgerinnen und Bürger nicht ordentlich beantwortet.

Bisherige Klärungsversuche

Die Fraktionen berichten in ihrer Stellungnahme auch, wie sie bisher versucht haben, die Probleme zu lösen. Rund 100 Tage nach der Kommunalwahl vom 13. September 2020, also zum Jahresende, gab es demnach erste vertrauliche Gespräche im Auftrag der vier Fraktionen FFH, SPD, Grüne und FDP. 100 Tage gelten allgemein als Schonfrist für Politiker in einem neuen Amt.

Die von Claßen zugesagte Verbesserung sei jedoch nicht eingetreten. Deshalb gab es vor gut einem Dreivierteljahr weitere Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertretern, die ebenfalls erfolglos blieben. Die gleichen Themen wie beim ersten Mal wurden angesprochen, aber keine Verbesserung der Lage erreicht.

Vom Antrag bis zur Abwahl: So funktioniert das Verfahren

Das Verfahren zur Abwahl des Bürgermeisters basiert auf dem NRW-Gesetz zur Einleitung von Abwahlverfahren von Bürgermeistern und Landräten durch Bürgerbegehren.

Es beginnt mit einem Einleitungsverfahren, an dem mindestens die Hälfte der Ratsmitglieder beteiligt sein muss. Einen entsprechenden Antrag haben die vier Ratsfraktionen unterschrieben und bei der Gemeindeverwaltung eingereicht. Eine Abstimmung darüber ist für den 17. Februar geplant und muss eine Zweidrittelmehrheit erreichen, damit der Antrag angenommen wird. Wenn das gelingt, erfolgt anschließend das Durchführungsverfahren.

Dabei sind dann die Wählerinnen und Wähler gefragt. Der Rat kann den Bürgermeister nämlich nicht einfach entlassen. Erforderlich ist dazu eine Mehrheit der gültigen Wählerstimmen bei der Abwahl. Diese Mehrheit muss mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten umfassen. Sobald der Wahlausschuss eine solche Mehrheit festgestellt hat, scheidet der Bürgermeister mit Ablauf des entsprechenden Tages aus dem Amt.

Die Hürtgenwalder Ratsfraktionen haben bereits beschlossen, für die Abwahl den 15. Mai 2022 zu nutzen. An dem Sonntag findet nämlich auch die Landtagswahl in NRW statt. Die Fraktionen hoffen so auf eine höhere Wahlbeteiligung, weil die Menschen sowieso das Wahllokal aufsuchen.

Reaktionen aus der Bevölkerung

Das Geschehen im Gemeinderat wird natürlich auch von den Menschen im Ort diskutiert. Ein Stimmungsbild vermittelt zum Beispiel die Facebook-Gruppe „Hürtgenwald-News“. Dort sagen Nutzer unter anderem, dass Claßen bei einer solchen Arbeitsweise in der freien Wirtschaft längst die Kündigung bekommen habe. Sie beklagen, dass der Noch-Amtsinhaber im Fall einer Abwahl noch einige Zeit lang Bezüge erhalten würde. Diesen Punkt haben auch die Fraktionen in ihrer Stellungnahme bereits aufgegriffen. Die Kosten, die sich aus der Fortzahlung für drei Monate und den anschließenden Bezügen im Ruhestand ergeben, sollen demnach etwa 3% der Personalkosten betragen, was nach Ansicht der Ratsmitglieder weniger schlimm wäre als eine Fortsetzung von Claßens Amtszeit.

Andere Facebook-Nutzer weisen darauf hin, dass durch den Abwahl-Antrag auch die Ratsmitglieder der vier Fraktionen selbst Probleme bekommen. Schließlich haben sie damals bei der Kommunalwahl Claßen als Kandidaten nominiert. Dieser Punkt könnte bei der geplanten Abwahl dafür sorgen, dass die dafür benötigte Mehrheit der Wählerstimmen nicht erreicht wird. Schließlich wurde Claßen damals mit einer deutlichen Mehrheit von rund 61% gewählt.

Vor seiner Zeit als Hürtgenwalder Bürgermeister war Claßen als Geodatenmanager in der Dürener Stadtverwaltung tätig, was eine andere Aufgabe als die Führung einer ganzen Verwaltung ist. Parallel arbeitete er beim Ersten Dürener Rundfunkverein.